Leserbrief zum Problem Endurofahren

  • Hallo, sehr sachlich und treffend geshttp://www.mittelhessen.de/lokales/region-wetzlar_artikel,-Null-Chance-gegen-Crosser-im-Wald-_arid,343653.htmlhrieben: sh.auch http://rzleserbrief.enduroforu…s_Dilemmas_ist_simpel.pdf Leserbrief - Kurzversion erschienen in der Rhein Zeitung vom 16. Januar 2015 Sehr geehrte Leser, was würden Sie tun, wenn es in ganz Deutschland keinen einzigen Ort gäbe, an dem Sie Ihrem Hobby legal nachgehen dürften? Würden Sie Ihre Fußballschuhe an den Haken hängen, Ihre Ski verbrennen und die Trainingsjacke nur noch auf dem Weg zur Kneipe anziehen? Gut, dass das für die Meisten von Ihnen eine rein hypothetische Frage ist, denn wenn Sie nicht gerade Endurofahrer sind, sind Sie sehr wahrscheinlich bestens in Bezug auf entsprechende Sportstätten versorgt. Als Endurofahrer hingegen ist es tatsächlich so, dass es im ganzen Land nicht einen einzigen vollwertigen Enduropark gibt, in dem man sein Hobby betreiben kann. Motocrossstrecken sind zwar vorhanden, doch die sind für Endurofahrer in etwa so interessant, wie ein Schwimmbad für einen Taucher: Grundlegendes Techniktraining ist möglich, aber allgemein fehlt die Herausforderung, was früher oder später Langeweile aufkommen lässt. Derzeit bleibt der Enduroszene neben der Teilnahme an gelegentlichen nationalen Rennveranstaltungen nur der Weg ins benachbarte Ausland, wo es entweder einen Enduropark gibt (Belgien) oder das Befahren von Gebirgszügen, Wäldern und Steinbrüchen legal oder geduldet ist (Polen, Tschechien). Mangelnde Trainings- und Fahrmöglichkeiten führen jedoch nicht zur Aufgabe des Hobbys, sondern zu einer Suche nach Alternativen. Und zum Leidwesen von Jägern und Jagdaufsehern, Waldbesitzern und Waldpächtern, Umweltaktivisten und Naturschützern und – wenn man den Vertretern dieser Gruppen Glauben schenken möchte – besonders zum Leidwesen der Natur, finden einige Endurofahrer ihre Alternative in den heimischen Wäldern. In der Rhein Zeitung war am 09.01.2015 [1] zu lesen, dass im Westerwaldkreis u.a. Vertreter des Waldbauvereins und des Bauernverbands zu einem Runden Tisch zusammen kamen, um „eine Strategie zur Eindämmung dieses illegalen Freizeitverhaltens“ zu erarbeiten. Bezeichnender Weise hatte man zu diesem Treffen keinen Vertreter der Enduroszene geladen, wenngleich ein entsprechender Aufruf bei Veranstaltern oder in einschlägigen Foren sicherlich zu einer positiven Resonanz geführt hätte. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Rhein Zeitung eine Stellungnahme zitiert, in der es sinngemäß heißt, dass sich die Konflikte nur mit gegenseitiger Rücksichtnahme vermeiden ließen und dass Endurofahrer diesen Lösungsansatz nicht wertschätzen würden. Wenngleich der besagte Artikel definitiv einer der fachlich und sachlich besseren zu diesem Thema ist, klingt gerade der Ausschnitt der Stellungnahme, als würde man auf Endurofahrer Rücksicht nehmen wollen; ja, als hätte man mit dem Claus Weselsky der Enduroszene verhandelt, der jede Art von Kompromissvorschlag abgelehnt hat. Tatsächlich ist aber genau das Gegenteil der Fall: Jeglicher Versuch, in Deutschland eine legale Trainingsmöglichkeit zu etablieren, die eine Alternative zum illegalen Fahren darstellen würde, ist bislang gescheitert und das Ausrichten von Enduroveranstaltungen wird von Jahr zu Jahr schwieriger. Verfolgt man die schon fast wöchentlich erscheinenden Medienberichte, in denen über die sogenannten „Wildcrosser“ geklagt wird, beschleicht einen ohnehin das Gefühl, dass besonders den Waidmännern nicht an einem Kompromiss gelegen ist, sondern diese vielmehr nur ein Ziel vor Augen haben: Den Wald ihren Vorstellungen entsprechend zu gestalten und zu nutzen. Motorsägen, Traktoren, Hobbyholzfäller und tonnenschwere Holzvollerntemaschinen (Harvester) passen in ihr Konzept; Enduros hingegen nicht. Die ausbleibende Kreativität bei der Schaffung wahrer Kompromisse wird durch ausreichend Kreativität bei der Argumentationsführung gegen den Endurosport kompensiert. Von Wildtieren, die sich angeblich bereits an den Lärm von Motorsägen gewöhnt haben, nicht aber an Enduros, ist die Rede. Somit hat das Wild offensichtlich gelernt, eine Husqvarna Kettensäge von einer Husqvarna Enduro zu unterscheiden. Gegipfelt hat die Hetze gegen die Enduroszene wohl kürzlich darin, als man ein totes Reh in der Nähe von Spuren eines breiten Stollenreifens fand. Es wurde direkt auf einen kausalen Zusammenhang der beiden Beobachtungen geschlossen und schon war das Bild vom Endurofahrer, der nicht nur Wildtiere zu Tode hetzt, sondern auch mit hoher Geschwindigkeit überfährt, geschaffen. Ich erspare mir an dieser Stelle, die Absurdität dieser Geschichten näher herauszuarbeiten. Dass die, die sich auf dem Motorrad im Wald völlig daneben benehmen und dadurch Wanderer und Reiter gefährden, eine kleine Minderheit darstellen, wird allzu oft und gerne übersehen. Aber ebenso wie nicht alle Endurofahrer kriminell sind, sind nicht alle Jäger Alkoholiker und Brandstifter nicht immer in den Reihen der Feuerwehren zu suchen. Endurofahrer sind Schüler, Auszubildende und Studenten ebenso wie Handwerker, Ärzte, Anwälte und Beamte. Ja selbst Jäger, Jagdaufseher und Naturschützer befinden sich in unseren Reihen. Es wird nachweislich seit Jahren versucht, das illegale Befahren von Wäldern, Wiesen und Steinbrüchen zu verhindern, aber wie jeder weitere Bericht zu diesem Thema belegt: Jegliche Bemühungen sind bislang absolut erfolglos! In den Wäldern um Suhl macht die Polizei seit November 2014 sogar mit einer „zivilen Enduro Jagd auf Wildcrosser“ [2]. Dass nun sogar explizit Steuergeld für die Ergreifung von Endurofahrern ausgegeben wird, zeigt eindrucksvoll, wie groß der Leidensdruck offensichtlich bereits ist. Dabei hat zumindest die Polizei in Herborn bereits erkannt, dass solche Aktionen nicht von Erfolg gekrönt sein werden. In einem Artikel vom 19.09.2014, erschienen auf mittelhessen.de, konstatiert der Polizeichef, Herr Holger Geller: „Ich sehe da wenig Hoffnung, ganz wenig Hoffnung auf eine Chance, einen zu erwischen. Die Chance tendiert gegen Null.“ [3] Ich bin Administrator des größten deutschsprachigen Endurforums, http://www.enduroforum.eu, und kann Ihnen aufgrund unzähliger Diskussionen innerhalb der Enduroszene mitteilen, dass die Lösung des ganzen Dilemmas so simpel wie effektiv ist: Anstatt Zeit und Geld in immer neue Maßnahmen zur Repression zu stecken, sollten wir schlicht und ergreifend gemeinsam dafür sorgen, dass das illegale Fahren unnötig wird, weil es eine attraktive Alternative gibt. Ein schriftliches Konzept für einen Enduropark in Deutschland inklusive Wirtschaftlichkeitsanalyse habe ich persönlich bereits ausgearbeitet. Daraus geht hervor, dass ein Park aufgrund seiner nationalen Einzigartigkeit durch Sponsorengelder kostenneutral eröffnet werden kann und bereits im ersten Jahr Gewinn erwirtschaften wird. Durch einen solchen Park würden – wie durch den Enduropark in Belgien belegt – umliegende Gebiete nicht mehr befahren werden. Doch sind wir natürlich auch für weitere kreative Ideen offen. Etwa die Schaffung eines Fahrplans samt Reglement, das angibt, in welchem Rhythmus und zu welchen Zeiten ein bestimmtes Gelände und festgelegte Strecken befahren werden dürfen. Ein solches Konzept, das etwa auch den kostenpflichtigen Erwerb einer Art „Endurovignette“ beinhalten könnte, würde zweifelslos dafür sorgen, dass Fahrer gegenseitig auf die Einhaltung der Regeln achten, um die gewährten Privilegien nicht zu verlieren. Ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam mit den entsprechenden Verantwortlichen ein umweltverträgliches Konzept umsetzen können, das einen Gewinn für alle Seiten darstellt. Denn eines sollten doch mittlerweile alle Betroffenen verstanden haben: Ohne wirklichen Kompromiss, dem beide Seiten etwas abgewinnen können, wird sich der Konflikt nicht lösen lassen. Und den Endurosport weiterhin zu verteufeln und sämtliches Gelände ausschließlich für eigene Interessen freizugeben, anstatt sich ernsthaft um eine Lösung zu bemühen, spricht weder für Reife noch für Intelligenz und Weitsicht. Mit freundlichem Gruß, Dr. Mark Seeger. PS: Sie erreichen mich unter mark.seeger@enduroforum.eu. [1] http://www.rhein-zeitung.de/st…gernis-_arid,1256049.html [2] http://www.mdr.de/thueringen/s…endemotorrad_wald100.html [3] http://www.mittelhessen.de/lok…im-Wald-_arid,343653.html