Motor bzw. Kolbenringe einfahren auf die harte Art

  • Hallo,

    bei der Suche im Forum nach Wissen zu Kolbenringen bin ich im Archiv auf das Thema Einfahren gekommen.


    Die letzte vernünftige Diskussion ist im Archiv von vor 2018, teilweise schlecht lesbar und man kann nicht sehen, wer das geschrieben hat.

    Daher möchte ich das Thema noch mal auspacken.


    Wissen zu Kolbenringen gibt es hier. Sehr interessant.

    https://www.xl600.de/cms/uploa…nnungsmotoren_07_2015.pdf


    Es geht darum einen neu gemachten Motor HART einzufahren.

    Dazu folgendes aus dem Archiv

    25.02: Zustand: Zylinderkopf, Zylinder, Kolben (Fotos)

    ganz oben

    dann hier

    PD03 Motorschaden

    Was zu dieser Website in den USA führt:

    http://www.mototuneusa.com/break_in_secrets.htm

    Sehr interessant.


    Wenn man es mal geschafft hat das ganze sektenartige Geschwafel auszublenden, bleibt erst mal diese Kurzfassung übrig.

    Hoffe ich gebe das korrekt wieder:


    Der frisch gehonte Zylinder soll die Kolbenringe einschleifen.

    Das geht am besten, wenn man die neue und rauhe, oberste Schicht der Honung nutzt.

    Die bleibt aber nicht lange erhalten und schon nach 100 km weg.

    Durch das harte Einfahren mit schon frühem Vollgas unter großer Gaslast, werden die Kolbenringe durch die in die Ringnut eintretenden Gase radial an den Zylinder gepresst. ( siehe in der PDF der Fa. Kolbenschmdt auf Seite 28 )

    Die Kolbenringe nehmen schnell ihre gewünschte ballige Lauffläche ein ( siehe in der PDF der Fa. Kolbenschmidt auf Seite 23 ) und passen sich an die Form der Zylinderlauffläche an um eine perfekte Abdichtung ringsum zu ermöglichen.


    Durch das Abtouren bei der Prozedur sollen, durch den hohen Unterdruck bei geschlossener Drossel, die gerade abgeschliffenen Partikel aus den Ringnuten der Kolbenringe herausgesaugt werden und durch den Auspuff entsorgt.


    Der MotoMan sagt dadurch erreicht man eine perfekte Anpassung der Kolbenringe einhergehend mit bis zu 7% mehr Leistung und langfristig weniger Verschleiß.


    Der häufige Ölwechsel soll möglichst viel an von der Produktion übrig gebliebenen und von der Einfahrprozedur erzeugten Metallpartikel aus dem Motor ausschwemmen.


    Das mineralische 10W-40 Öl soll Reibung ermöglichen.

    Synthetisches Motoröl wäre zu glatt und würde das harte Einfahren verhindern.


    Wer das genau lesen will, muss sich leider seinen Text antun.



    Daraus habe ich dann eine möglichst einfache Anweisung geschrieben.

    Die Anweisung ist ohne Prüfstand gar nicht so einfach umzusetzen.

    Auf welcher Straße kann man schon von 20 bis 100 km/H fahren ohne andere Verkehrsteilnehmer zu behindern oder zu gefährden.

    Daher will ich mir vorher genau überlegen was ich wo und wann mache.

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    Hart Einfahren Kurzform:


    10w-40 Mineralisches AUTO Öl für 2500 km

    Warmfahren auf einer freien Straße ohne Verkehr auf 80 Grad oder 20 km

    3000 U/min im 2. Gang entspricht 23 Km/h

    4800 U/min im 4. Gang entspricht 57 Km/h

    Daher muss man sich was aussuchen, wo man auf 20 km/h reduzieren kann.

    Mit Halbgas von 3200 bis 4800 U/min durch die Gänge, dann runter touren lassen.


    Öl und Filter heiß wechseln.


    Los zur freien Straße ohne Verkehr und die erste Einfahrprozedur machen:

    3000 U/min im 2. Gang entspricht 23 Km/h

    8000 U/min im 4. Gang entspricht 96 Km/h

    3x mit Halbgas von 3200 bis 4800 U/min durch die Gänge 2. 3. und 4., dann runter touren lassen

    3x mit 3/4 Gas von 3200 bis 6400 U/min durch die Gänge 2. 3. und 4., dann runter touren lassen

    3x mit Vollgas von 2400 bis 8000 U/min durch die Gänge 2. 3. und 4., dann runter touren lassen


    Öl und Filter heiß wechseln.


    Eine längere Tour machen und so ähnlich weiter fahren für 100 km

    mit Vollgas von 3200 bis 8000 U/min durch die Gänge 2. 3. und 4., dann runter touren lassen.

    Viele Lastwechsel von Beschleunigen und Abtouren.


    Öl und Filter heiß wechseln.


    Nach 2400 km dann das Öl meiner Wahl.

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    So ähnlich müssten das Jungs aus unserem Forum vor 2018 umgesetzt haben.

    Wer weiß noch, wer einen gemachten Motor so eingefahren hat ?

    Im oben geposteten Thread war das der "Jogi", der bestätigt hat, dass der Motor super läuft.

    Hat das sonst noch einer so gemacht ?

    Was ist daraus langfristig geworden ?

    Hat noch jemand Informationen dazu ?

    Schöne Grüße, Micha.

    Et hätt noch immer joot jejange...

  • Den Kolbenringen ist das Einfahren reletiv egal. Die passen sich inner halb von den ersten 100 km an.

    Der Kolben braucht dazu länger. Das heißt der Kolben passt sich an die Ovalität der Laufbuchse an. Wenn der Kolben nicht eingefahren wird, nimmt er das übel - er frisst. Dann wird der Motor halt wieder neu aufgebaut.

  • Micha ND03 Ich gehe davon aus, dass das extrem nervige Wochenende (oder ziehst du das Programm in einem Tag durch?) mit drei Ölwechseln und gelegentlichem Gasgeben penibel in eine Excel-Liste umgesetzt und dokumentiert wird!😀

    Mir wäre das zu nervenzehrend und ermüdend - aber jeder Jeck is anders.

    Generell zu den verschiedenen Einfahrtheorien: Man sollte unterscheiden, zu welcher Zeit für welche Motoren sie verfasst wurden.

    Grob gesagt: Ein luftgekühlter Serienmotor in den 50ern mit hohen Fertigungstoleranzen sollte anders eingefahren werden als ein moderner wassergekühlter turboaufgeladener Rennmotor. Unsere luftgekühlten Einzylinder liegen dabei irgendwo in der Mitte.

    Vg S

    Hinweis für Allergiker: Meine Postings können Spuren von Humor und vereinzelte Rechtschreipfehler enthalten.

  • Hi Sebastian,

    Ne, diesmal keine Tabelle.

    Nur dieser Text um die erarbeitete Anweisung exakt auszuführen.

    Die Einfahrprozedur ist nach 150 km erstmal fertig. Dauert ein paar Stunden inkl. der Ölwechsel.

    Danach fahre ich eigentlich normal.

    Also eher schonend, aber es muss auch mal durchgeblasen werden.


    Hat damit sonst keiner Erfahrungen gemacht und kann was berichten?

    Schöne Grüße, Micha.

    Et hätt noch immer joot jejange...

  • Ich würde mit dem Einfahren vorsichtig beginnen, immer mit wechselnder Drehzahl, damit der Kolben sich anpasst. Dann die Belastung langsam steigern. Ist schließlich ein luftgekühlter Motor. Da herrschen wesentlich höhere Temperaturen als bei wassergekühlten Motoren. Nach 1000 - 1500 km ist das Einfahren abgeschlossen.

  • Hallo zusammen und gutes Neues!


    Ich melde mich mal zu diesem Thema.

    Zuerst mal: Vielen Dank an Michael. Finde ich toll, dass du dieses Thema so schön zusammengefasst hast.


    Wie du ja schon erwähnt hast, hatte ich mich vor einigen Jahren auch mit diesem Motor Einfahrthema beschäftigt. Seit dem sind ein paar Jahre vergangen und ich fasse es mal zusammen plus einer Aktualisierung.


    Aufgrund eines gebrochenen Auslassventilsitzes hatte ich im Winter 2015/2016 eine Motorüberholung durchgeführt.
    Neuer Übermaßkolben (original Honda) mit neuen Kolbenringen und Zylinder entsprechend aufgebohrt. Natürlich wurde auch der Ventilsitz repariert.

    Damaliger Tachostand 107067km. (Wie hier schon öfters erwähnt ist der Tachostand 100% korrekt, da die XL seit 1988 in meinem Besitz ist. Damals mit 12000km gekauft.)


    Ich habe dann tatsächlich die etwas andere Einfahrprozedur gemacht.
    Die erste Ausfahrt von 50km am Stück über Landstraßen mit wechselnden Drehzahlen. Auch mit hohen Drehzahlen und immer wieder mit Vollgas beschleunigt um hohe Drücke im Brennraum und auf die Kolbenringe zu erzeugen.
    Ich hatte keine extremen Öltemperaturen. Also nur bis ca. 110°C. Um zu hohe/extreme Öltemperaturen (Hitzebelastungen) beim Einfahren zu vermeiden, bin ich keine Autobahn gefahren (wo die Öltemperatur schnell über 120°C gehen kann). Bin also wechselweise hohe Motorlast und Drehzahl, aber nicht extrem hohe Motortemperatur gefahren.


    Ein paar Tage später bin ich die nächsten 50km gleich wie die ersten 50km am Stück gefahren.


    Nach diesen insgesamt 100km bin ich die XL (bei weiteren Ausfahrten) so gefahren wie immer (der Motor war für mich eingefahren). Muss dazu sagen, dass ich auf der Autobahn nur um die 120km/h fahre, um zu hohe Öltemperaturen zu vermeiden (habe keinen Ölkühler).


    Öl war mineralisch. Ölwechsel habe ich erst nach einem Sommer gemacht (ca. 2500km).


    Aktuell hat der Motor 125100km. Seit der Reparatur bin ich also 18000km gefahren. Der Motor läuft (gefühlt) sehr gut. Springt gut an. Kein bzw. fast kein Ölverbrauch. Gute Leistung. Auf einem Leistungsprüfstand war ich bisher nicht. Mal schauen wo es hier sowas gibt.


    Letztendlich bin ich mit dem Motor happy. Ob das mit einer anderen Einfahrprozedur anders gewesen wäre, kann ich natürlich nicht sagen.


    Gruß Joachim

  • Moin Joachim,


    danke für deinen Bericht.

    Also fliegt einem mit der Einfahrprozedur nicht der ganze Motor direkt um die Ohren...

    ... es sei denn es liegt ein Montagefehler vor. Dann passiert früher oder später eh was.


    Dann müsste ich in der Anleitung noch das Temperaturmagagement erwähnen.

    Das wollte ich dem Thomas motorradbastler eh noch schreiben.

    Das Einfahren wird wohl Anfangs des Frühjahres stattfinden bei kühlen Außentemperaturen.

    Ölthemrometer ist an Bord. Wenn es zu heiß werden sollte, kann man immer noch abstellen und warten.

    Schöne Grüße, Micha.

    Et hätt noch immer joot jejange...